Shadow Reichenstein



Shadow Reichenstein gehört zu den Bands, die in den 90er Jahren aus der "New Gothic"-Welle heraus entstanden sind und obwohl so mancher, alteingessener Gothe diese Zeit vor allem mit dem Sakrileg der in die Szene eindringenden Farbe (Pink ist ja bekanntlich das neue Schwarz unter den New-/Cyber-Gothics), einer Schwemme von Technoverschnitten und den einfallenden Horden der Cyber-Goths, die den vormals faszinierend-mysteriösen Stadtfriedhof nicht nur mit ihrem Farblaster und den quietschigen Elektroklängen völlig aus dem Gleichgewicht bringen und obendrein sämtliche, gothischen Konvensationen auf ein schaurig-niedriges Neviau dirigierten, verbinden ist Shadow Reichenstein eine der wenigen Bands, die in dieser für den heimischen Gothen eher schwierigen Zeit der düsteren, gothischen Seele wohl am ehesten entsprachen.

Zwar sind die Black-Metal- und Industrial-Einflüsse der Band nicht wegzudiskutieren und das provokante Auftreten in schwarzer Uniform, mit Eisernen Kreuz, Gasmaske und Pickelthaube als Markenzeichen hat schon so manches Mal dafür gesorgt, dass Shadow Reichenstein von nicht ganz so eingeweihten Individuen in die rechte Szene eingeordnet wurde. Musikalisch lässt die Band jedoch keinen Zweifel daran, dass es hier nicht um White Power, sondern Vampire, Werwölfe und den ganzen, schwarz-gothischen Wahnsinn geht! Verpackt in einen wirklich coolen Mix aus Metal, Industrial und auch ein wenig Punk - wobei direkt die auf dem Keyboard gespielte Orgeleinflüsse und Einspielungen aus den alten Draculaverfilmungen der 30er für das gewisse Etwas sorgen.


Als jemand, der die 90er in Sachen Gothic vor allem mit mainstreamigen, pseudo-mysteriösen Pop-Mittelalter-Metal-Verschnitten wie Within Tamptation oder Evenacense in Verbindung bringt und auch sonst musikalisch mit dem Gothic eigentlich schon lange abgeschlossen hatte hat mich Shadow Reichenstein dann doch wieder ein stück zurückgeholt in die alten Friedhofszeiten meiner Jugend. Für mich ist die Band daher eine kleine Offenbarung - in Zeiten in denen die Gothen immer pinker werden!