Anno 1997 revolutionierte die Kult-Spieleschmiede Blizzard (bekannt
geworden durch die „WarCraft“- und „Diablo“-Reihe) das
Strategiespielgenre. Und das obwohl das Spiel eine wirklich schwere
Geburt hinter sich hatte. Nicht zuletzt, weil man zunächst gar nicht
wusste, was „StarCraft“ eigentlich mal werden sollte. Klar war Bill
Rooper und seinem Team nur, dass es ein „kleines, albernes
Armeespielchen im Weltraum“ werden sollte. Dabei zog man sogar in
betracht ein „Star Wars“-Lizenzspiel zu machen.
1995 wurde dann eine
erste Version auf der „Electronic Entertaiment Expo“ (E3) gezeigt, die
jedoch viel Rüge und Gelächter nach sich zog. Da das Spiel damals noch
die WarCraft2-Engine verwendete hallte es von beinah allen geladenen
Journalisten: „Das ist doch WarCraft im Weltraum!“
Das konnte man
natürlich nicht auf sich sitzen lassen und strukturierte die
Grafikengine radikal um. Diesem Umstand verdankt das „StarCraft“-AddOn
„Brood War“ u.a. das folgende Easter-Egg: Wenn man mehrmals auf die
Heldenfigur Artanis klickt, sagt dieser erbost: „StarCraft ist kein
WarCraft im Weltraum!“
Tja, so etwas kommt davon, wenn Reporter arme Spieleentwickler ärgern.
Daraufhin vergingen noch annährend 2 Jahre bis zur finalen Veröffentlichung.
Als „StarCraft“ schlussendlich erschien schlug es ein wie eine Bombe. Einer der absoluten Überraschungshits des Jahres 1997.
Was
„StarCraft“ so erfolgreich machte war das nahezu bis zur Perfektion
betriebene Stein-Schere-Papier-Prinzip. Anders als im direkten
Konkurrenten „Command & Conquer“ von 1994 galt hier Klasse statt
Masse. Jede Einheit besaß eine Gegeneinheit, die sie besiegen konnte.
D.h.: Raketenturm besiegt Raumjäger, Raumjäger besiegt Zergling,
Zergling besiegt Space-Marine etc. – die möglichen Kombinationen sind
extrem zahlreich und sorgen dafür, dass es keine Supereinheiten gibt,
ebenso wenig wie völlig nutzlose. Deshalb klappt es so gut wie nie den
Feind einfach mit stupiden Massen den Feind zu überrollen.
Zudem
konnte man in „StarCraft“ erstmals drei völlig unterschiedliche Völker
spielen, die sich auch spielerisch extrem voneinander unterschieden. Da
hatte man die technisierten Terraner, die religiös-sprituellen Protoss
und die parasitären Zerg. Diese haben jeweils Vor- und Nachteile, die es
strategisch zu nutzen gilt.
Ein zeitloses Epos
Doch
nicht allein das bis heute tausendfach kopierte Spielprinzip verhalf
„StarCraft“ zu seinem Ruhm, sondern auch die dramatische Geschichte und
die interessanten Figuren.
Denn wenn Blizzard eines beherrscht, dann ist es simpel klingende Plots in spannende und epische Kampagnen zu verpacken.
Bösartige
Aliens, die die Menschheit zum Fressen gern haben – das ist spätestens
seit Ridley Scotts Sci-Fi-Klassiker „Alien – das unheimliche Wesen aus
einer anderen Welt“ keine Neuheit mehr. Doch zwischen diesem Simpelplot
stecken so viele Details, Nebenplots und die eine oder andere
philosophische Auseinandersetzung mit dem Leben und der Schöpfung, dass
sich um die Geschichte des Spiels innerhalb des Fandoms ein wahrer Kult
gebildet hat.
Nicht zuletzt, weil einem die (manchmal etwas
klischeehaften) Figuren während der Missionen regelrecht ans Herz
wachsen. Da wäre der bärbeißige Marine James Raynor, der aufstrebende
Revolutionsführer Arcturus Mengsk und seine Untergebene Sarah Karrigan.
Oder der weise, aber von Selbstzweifeln zerfressene Protoss-Templer
Tassadar, der sich gegen sein eigenes Volk wenden muss, um dessen
Überleben zu sichern. Oder die Geschichte um den Overmind – einer Art
großen, lebendem Gehirn, dass die Zerg leitet –, der als perfektes Wesen
die ganze Galaxis von mangelhaften Kreaturen (Terraner und Protoss)
reinigen will.
Dazwischen gibt es einiges an Überraschungen und
Storytwists, die einen als Spieler manchmal an den emotionalen Abgrund
befördern. (Mission: „New Gettysburg“) Allen voran die Liebesgeschichte
um Raynor und Karrigan ist eine der stärksten Nebenstränge des Spiels –
und wird, so wie es die Trailer bereits angedeuten, im kommenden
„StarCraft 2“ noch eine gewichtige Rolle spielen.
Man darf also gespannt sein!
Erzählt
wird das Ganze in den Missionsbriefings, den Missionen selbst und in
denen, für Blizzard mittlerweile als Aushängeschild dienenden,
grandiosen Zwischensequenzen.
Unvergessen sind dabei u.a. „Kaltes
Bier und heiße Bomben!“; als Marines auf einem Forschungsschiff von Zerg
überfallen werden. Oder die tolle Endsequenz der Protosskampagne mit
der Kamerafahrt über das Schlachtfeld und die Verfolgungsjagd über die
Außenhaut des Protoss-Kreuzers, die schließlich mit Tassadars letzter
Heldentat überschnitten wird. Zweifellos zu einer der wohl zeitlosesten
Anfangssequenzen der Geschichte gehört auch das Intro des AddOns „Brood
War“. In diesem kämpfen die Marines erbittert im Schützengraben um ihr
Leben, während über dem Schlachtfeld ein riesiger, terranischer Kreuzer
kreißt. Besonders gruselig in dieser Sequenz: Die beiden Generäle DuVall
und Stukov, die sich das Gemetzel gelassen ansehen und ihre Soldaten
schließlich als Forschungsobjekte opfern. Ebenso unvergessen das Ende
des Intros: Der Kreuzer dreht ab, während langsam von einem einsamen
Marine im Schützengraben weggezoomt wird und man die Zerg-Horden links
und rechts auf ihn zu rennen sieht. Gänsehaut pur!
So kann’s gehen ...
Zudem
ist „StarCraft“ eines der am meisten von der Kritik unterschätzen
Spiele. Der ehemalige GameStar-Chefredakteur Jörg Langer orakelte nach
Erscheinen des Spiels, dass „StarCraft“ im Multiplayer-Bereich höchstens
zwei Jahre zu bestreiten hat und dann unweigerlich verdrängt würde.
Heute,
über 10 Jahre später, ist „StarCraft“ immer noch eines der beliebtesten
Turnierspiele überhaupt und so lebendig wie eh und je.
So kann’s gehen, Herr Langer!
Und
an dieser Stelle bleibt mir nicht viel mehr, als jenen Satz zu sagen,
den nur ein absoluter StarCraft-Fan jetzt sagen kann: „StarCraft ist und
bleibt das beste Spiel der Welt!“
10/10 Dunklen Templern