S.T.A.L.K.E.R. - Shadows of Chernobyl



Angelehnt an den Roman “Picknick am Wegesrand“ der Gebrüder Strugatzki (sowie der Verfilmung ebenjenen Buches namens „Stalker“) entführt einem das Spiel der ukrainischen Entwickler GSC Gameworld in die radioaktiv verstrahlte Zone um das Atomkraftwerk von Tschernobyl.

Es ist das Jahr 2013. Die Sowjetunion existiert immer noch und nach einem zweiten, mysteriösen Vorfall im Kraftwerk beginnen sich in der Zone sonderbare und todbringende Anomalien zu bilden. Zu hunderten strömen Glücksritter und Schatzjäger in die Zone, um aus dieser wertvolle Artekfakte zu bergen. Diese nennen sich die „Stalker“.
Die Stalker sind jedoch im Krieg miteinander, denn die begehrten Artefakte sind rar und schon bald beginnt ein Wettstreit um die einzige Ressource, die es in der Zone gibt. Es bilden sich verschiedene Lager, wie etwa die „Wächter“ oder die „Freihheits-Fraktion“. Hinzu kommen Banditen, militante Söldner, Sekten und das sowjetische Militär, welches unbedingt verhindern will, dass die Stalker tiefer in die Zone vordringen – hin zum Reaktor.
Doch die verfeindeten gruppen sind nicht das einzige Problem, denn die Zone wird von allerhand mutierten und gefährlichen Tieren und Monstern bevölkert: Hunde, Wildschweine, unsichtbare Blutsauger und Telepathen, die Feinde mit Psi-Angriffen niederstrecken. Hinzu gesellen sich unsichtbare Gefahren wie Strahlung und Anomalien, die sich schließlich als die ärgsten Feinde eines Stalkers herausstellen können.



In diesem Szenario erwacht der Spieler ohne Gedächtnis bei einem Händler. In dem PDA, den man bei sich trägt prangt die Nachricht: „Töte Strelok.“
Doch wer ist dieser Strelok überhaupt? So begibt sich der gedächtnislose Held auf die Suche nach dem Stalker aller Stalker, der Gerüchten zufolge schon mehrmals beim Reaktor war. Verstörende Erinnerungsfetzen schmuggeln sich schließlich in die Wahrnehmung der Hauptfigur ein und schon bald wird klar, dass Strelok, die geheimnisvollen Vorfälle in Tschernobyl und die eigene Amnesie in einem engen Verhältnis stehen. 
Die Händler und Forscher der Zone beauftragen einen schließlich ins Herz Tschernobyls vorzustoßen, doch ein mysteriöses Psi-Feld blockiert den Zugang und verwandelt das Gehirn eines jeden Menschen in eine kochende Brühe, die ihn zu einem willenlosen Wahnsinnigen macht. So folgt der Held der Spur eines alten, sowjetischen Forschungsprogramms, welches zu einer ungeheuerlichen Wahrheit führt.

Für „S.T.A.L.K.E.R.“ bereiste das Team von GSC mehrmals in Schutzanzügen die Zone von Tschernobyl und machte tausende von Fotos und Notizen, um die Spielwelt möglichst authentisch wirken zu lassen. Hinzu kommen über 5 Jahre Entwicklungszeit und Spielkonzepte, die so schnell wechselten wie das Wetter.
Dennoch ist aus „S.T.A.L.K.E.R.“ ein sehr spezielles und besonderes Spiel geworden. Ein gelungener Mix aus Rollenspiel und Ego-Shooter, angesiedelt in einer der faszinierendsten Endzeit-Welten, die je auf dem PC zu sehen waren.
Die Zone steckt voller Gefahren und Überraschungen, doch auch voller Macken, denn „S.T.A.L.K.E.R.“ ist verbugt, dass einem die Freude an der Zone manchmal doch etwas schwer fällt. Abstürzte, lange Ladezeiten, Grafikfehler, falsche Figurenplatzierungen (der berühmte, fliegende Stalker auf der unerklimmbaren Antenne!) und gaunerische Händler, die einen schon Mal Medipacks für 5000 Rubel verkaufen wollen trüben den Spielspaß. Fast 2 Jahre und 4 Patches brauchte es bis die gröbsten Bugs beseitigt waren.
Für den Spieler heißt das nicht nur viel Speichern, sondern auch viel Frust aushalten können. 
Zu den Bugs gesellt sich ein bereits zu Beginn des Spiels hoher Schwierigkeitsgrad, der selbst für Genreveteranen gewöhnungsbedürftig sein könnte. Hat man sich jedoch erst einmal eingespielt, dann schöpft „S.T.A.L.K.E.R.“ aus seinen vollen.
Das Spiel lebt hauptsächlich von seiner extrem dichten und faszinierenden Endzeitatmosphäre. Der knatternde Geigerzähler im Hintergrund warnt vor Strahlung, während sich der Held durch die verrostete und verkommene Zone schlägt. Verfallene Fabriken, Lagerhäuser und alte Sowjetbauten bestimmen das Bild. Großer Pluspunkt ist da die photorealistische Grafik, die der Zone eine unvergleichliche Authentizität verleiht – auch dank des dynamischen Wetterwechsels. Apropos Authentizität: Zwar sind die Texte der Hauptfiguren und in den Zwischensequenzen Deutsch synchronisiert, doch die Unterhaltungen der Stalker an den Lagerfeuern der Zone und die militärischen Funkmeldungen sind in Ukrainisch. Schade nur, dass Publisher THQ die nicht wenigstens untertitelt hat, denn ohne die Bedeutung des Gesprochnen zu kennen entgeht einem auch viele Seitenhiebe und Informationen. (Abhilfe schaffen hier Fanseiten wie LostOblivion, die die Dialoge ins Deutsche übersetzt haben.)
Ebenfalls ein großes Plus gibt es für die Vertonung. Sound und Synchronisation sind (wie man es von THQ gewohnt ist) vom Feinsten. Der düstere, unheilschwangere Soundtrack ist ebenfalls nicht zu verachten.

Auffällig ist von Anfang an auch der hohe Realismusgrad des Spiels. So kann man nicht einfach alles in den Inventar packen, wie man gerade Lust und Laune hat. 60 Kilo im Rucksack sind das höchste der Gefühle. Wer mehr mitnehmen will wird unweigerlich unter der Last der Gegenstände zusammenbrechen. Ebenso wirkt sich das Gewicht auf die Fitness des Helden aus. Schwer bepackte Stalker haben weniger Ausdauer und können kaum springen. Ist die Erschöpfung zu hoch heißt es ausruhen oder einen Energiedrink schlürfen. Man sollte sich also genau überlegen, was man im Rucksack bunkert und was nicht. 
Zudem ist „S.T.A.L.K.E.R.“ eines der wenigen Spiele in dem man seine Spielfigur wortwörtlich verhungern lassen kann. Denn wer den ganzen Tag durch die Zone streift bekommt auch irgendwann Hunger und wer nicht ist, der wird immer schwächer und schwächer. Sicher, das Essen in der Zone ist nicht so der Bringer! Brot, Salami und Konservendosen sind das Einzige, was dem hungernden Stalker vor dem sicheren Tod bewahrt. Natürlich braucht man bei so einem bescheidenen Mahl auch was zum herunterspülen! Wodka reduziert den Einfluss radioaktiver Strahlung, doch nach ein paar Flaschen schwankt der Held nur noch durch die Zone – besoffen gegen eine Horde Mutanten oder Banditen kämpfen will daher gelernt sein.
Auch die Waffen verhalten sich realitätsnah. Wer seine Kalaschnikow auf „automatisch“ stellt darf sich also nicht wundern, wenn die Hälfte des Magazins in die Luft verballert wird. Deshalb: Immer nur gezielte Einzelschüsse abgeben. (Das verlängert die Lebenserwartung eines Stalkers ungemein!)
Und weil wir gerade bei Waffen sind: Während man anfangs noch mit klapprigen, halb verrosteten Sowjetfabrikaten wie Ak-Su oder Makarov unterwegs ist, so gesellen sich im Laufe des Spiels neben westlichen High-Tech-Waffen (z.b. G36) auch einige schwergewichtige Sci-Fi-Exemplare dazu. So kämpfen die Scharfschützen der Monolithen – einer Sekte, die den Reaktor von Tschernobyl anbetet – mit riesigen Laser- und Plamsagewehren. Ein Treffer und der einstige Held verwandelt sich in einen Aschehaufen. Sehr unangenehm.

Je nach Spielweise erwarten einen bis zu sieben, verschiedene Enden, von denen eins verstörender und mysteriöser ist als das andere.
Der Widerspielwert von „S.T.A.L.K.E.R.“ ist jedoch auch ohne die Enden enorm, denn es gibt immer noch Dinge zu entdecken.

Bugresistente Stalker können sich ungehindert in die Zone begeben.

9/10 Anomalien