"Metro 2034" von Dmitry Glukhovsky



Ein Jahr nach den Ereignissen aus „Metro 2033“: In der Moskauer Metro geht ein todbringendes Virus um. Der Söldner Hunter soll zusammen mit dem musisch veranlagten Greis Homer herausfinden, was genau an den verseuchten Station vorgeht. Die Reise mit dem muskelbepackten Killer an seiner Seite gerät für den alten Mann jedoch nach kurzer Zeit zu einem Psychotrip, der besonders perfiden Art.

Entwarnung für alle, welche die kataströsen Reviews auf Amazon gelesen haben: „Metro 2034“ ist zwar tatsächlich nicht so genial wie sein Vorgänger, aber dennoch meilenweit von einem schlechten Buch entfernt.

Denn obwohl es zunächst verwirrend erscheint, dass die Geschichte sich nicht um den direkten Fortgang der Ereignisse aus Teil 1 dreht, sondern zunächst Ort und Charaktere wechselt, um zum Schluss wieder Bezug darauf zu nehmen. Wie schon bei „Metro 2033“ lässt einem Glukhovsky hier sehr lange im Dunkeln worum es eigentlich geht und lässt Homer ebenso wie den Leser in den dunklen Tunneln der Metro völlig auf sich gestellt.  Allein zwischen Hoffnungen, Wahnvorstellungen und Todesangst. Und genau das ist eine der großen atmosphärischen Stärken des Buches. Das nicht-wissen und die kontinuierliche Verschmelzung von Wahn und Realität, die sich am Ende als noch bestialischer herausstellt als die eigene Phantasie und ganz nach Glukhovsky-Art ein düster-melancholisches und schockierendes Finale präsentiert, dessen philosophische Botschaft Hoffnungsvoller nicht sein könnte: Die Feder besiegt das Schwert!
Doch wozu Schriftsteller in einer Welt sein in der Bücher verbrannt werden, um nicht zu erfrieren? Wozu die Menschen mit Musik erfreuen, wenn Munition wichtiger ist? Das sind die zentralen Fragen des Buchs. Die Frage, wo die menschliche Seele bleibt, wenn sie auf Kampf und Überleben fixiert ist. Die einfache Antwort: Sie geht zu Grunde bis nur noch ein animalisches Monster in der Haut eines Menschen übrig ist. Ein Wolf im Schafspelz.
Dennoch siegt die Hoffnung – mit einem Paukenschlag ohne gleichen, denn wie heißt es so schön: Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende.

Allerdings ist „Metro 2034“ durch den Perspektivwechsel vom Knaben Artjom zum Greisen Homer, der sich in Tagträumen zu gern an das Leben von vor der Katastrophe erinnert, auch wesentlich verträumter, verspielter und in manchmal rührseliger Nostalgie gehalten. Und somit auch erzählerisch um sehr vieles anders als der sich eher in stetiger Neugierde selbst antreibende Protagonist aus dem Erstling. Daher ist dieses Metro-Abenteuer auch weniger adrenalingeladen und nachdenklicher im Grundton. Und das ist auch gut so.
Dennoch würde ich stark empfehlen vorher „Metro 2033“ zu lesen, da viele Zusammenhänge sonst nicht klar sein könnten, da es hauptsächlich in Nebensätzen versteckte Anspielungen auf Teil 1, jedoch keine detaillierte Schilderung der Ereignisse gibt.

Das Hauptproblem des Buches hingegen sind die manchmal sprunghaften Übergänge von einer Handlungsperson zur anderen. Das verwirrt selbst Metrobewohner wie mich.

An sich ist „Metro 2034“ also ein gutes Buch, das allerdings nicht in die zugegeben überdimensionalen Fußstapfen seines Vaters treten kann.

8,5/10 Tagebüchern