Harry Potter und der Gefangene von Askaban


Das 3. Jahr in Hogwarts offenbart nicht nur die ersten, pubertären Macken der inzwischen jugendlichen Protagonisten, sondern auch allerhand düstere Geheimnisse. Denn der wahnsinnige Massenmörder Sirius Black (genial irre; Gary Oldman) ist aus dem berüchtigtem Gefängnis von Askaban ausgebrochen. Nun streifen die furcht erregenden Wächter Asakabans, die so genannten Dementoren, über die Ländereien von Hogwarts. Der Zaubereiminister Cornelius Fudge (Robert Hardy) vermutet, dass Black auf der Suche nach Harry (Daniel Radcliffe) ist, um ihn zu töten. Auch Schulleiter Dumbledore (Sir Michael Gambon) will Harry um jeden Preis schützen, doch die finsteren Dementoren, die den Menschen die Seelen aussaugen, verfolgen ihre eigenen Pläne. Genauso wie der neue Lehrer für Verteidigung gegen die Dunklen Künste, Remus Lupin (David Thewlis), und der grantige Zaubertranklehrer Snape (Alan Rickman). Black, Lupin und Snape verbindet ein düsteres Geheimnis, doch was hat Harry mit alldem zutun?



Das erste Mal wechselte der Regiestuhl seinen Besitzer. Statt Chris Columbus inszenierte der Mexikaner Alfonso Cuarón ("Y Tu Mamá También", "Children of Men") die Verfilmung des 3. Bandes. Dieser wagte nicht nur ein radikal anderes Design, sondern entfernte sich auch vom Prinzip der Buchstabenverfilmung. Cuarón, der ein eingefleischter Fan von Tim Burton und Stephen King ist, gestaltete das Setting nicht nur düsterer, sondern auch dreckiger. Der bonbonfarbene Edelkitschlook der Columbus-Verfilmungen fehlt völlig, stattdessen dominieren nüchterne Grautöne in Verbindung mit einer wahrlich faszinierenden Umsetzung der Atmosphäre der Romanvorlage. Der "Gefangene von Askaban" – nebenbei bemerkt eines meiner absoluten Lieblingsbücher – war somit keine reine Bebilderung des Romans mehr, sondern wandte sich an das Herz der Vorlage. Cuarón schafft es die düster-faszinierende Welt des Potterversums in eine phantastische Bildsprache zu übersetzen. Ebenso erlaubt er sich ein paar Späße auf Kosten von Stephen King. So ist die Spielplatzszene aus den ersten Minuten des Films nahezu identisch mit jener aus der "Friedhof der Kuscheltiere"-Verfilmung von 1974. Genauso baut er viele Szenen und Elemente ein, die zwar nicht im Roman vorkommen, aber wunderbar ins Universum passen. Da gibt es freche Schrumpfköpfe, die gern sämtliche Leute anlabern oder murrende Portraits, die es gar nicht mögen, wenn man des Nachts auf Fluren mit der Taschenlampe herumleuchtet. Auch ein wenig Shakespeare findet den Weg in den Film, denn gleich zu Beginn des Films singt der Chor von Hogwarts "Something wicked this way comes!", welches in der deutschen Synchronisation etwas unglücklich mit "Ganz gemein ist, was da kommt!" übersetzt wurde. Ein Motto, das den gesamten Film durchzieht.
Ebenso baut Cuarón viele zweideutige, kleinere Szenen ein, die wunderbar zu den pubertierenden Darstellern und Figuren passen. Hinzu kommt eine ungeahnte Menschlichkeit und wunderbare Ironie, die der Regisseur der Geschichte verpasst.

Auch die Jungdarsteller machen unter Cuaróns Regie eine erstaunliche Entwicklung durch. Allen voran Hauptdarsteller Daniel Radcliffe merkt man deutlich seine schauspielerische Entwicklung an. 

Die Neuzugänge in der Riege des erwachsenen Casts sind ebenfalls nicht zu verachten. Michael Gambon ersetzt den verstorbenen Richard Harris mit Bravur und spielt seinen Dumbledore sehr augenzwinkernd. David Thewlis spielt die Rolle des Remus Lupin mit menschlicher Melancholie, dass einem das Herz ganz weich wird. So, und nun muss ich ein Geständnis machen: Als kleines David-Thewlis-Fangirl hänge ich dem Mann jedes Mal schmachtend an den Lippen, aber als Mädchen darf man das ja.

Gary Oldman spielt seinen Sirius Black herrlich irrsinnig und es ist eine wahre Freude ihn so wahnsinnig-hektisch herumhetzen zu sehen. Auch Alan Rickman ist in der Rolle des Severus Snape wieder einmal wunderbar fies. (Ab "Askaban" wir Rickman von Bernd Rumpf synchronisiert und diese Stimme IST Snape!)
Gerade das Finale lebt von der genialen Dynamik des Trios Oldman-Thewlis-Rickman und es ist einfach toll die Drei zusammen spielen zu sehen.

Für die Effekte waren auch dieses Mal wieder George Lucas’ ILM-Studios verantwortlich. Diese sind dieses Mal schlichtweg atemberaubend und wunderschön. Vor allem die Dementoren und der Hippongreif sind schlichtweg genial und sorgen immer wieder aufs Neue für Staunen. Somit wurden die Effekte 2004 nicht ohne Grund für den Oscar nominiert. 

Für den Soundtrack zeigte sich wieder John Williams verantwortlich, der dieses Mal für einen wahrlich magischen Score sorgt. Auch, wenn einige der Actionsequenzen immer noch ab und an in den bekannten, williamsischen Orchesterkrach ausarten, so dominieren doch wunderschöne und melodische Themen wie "Buckbreak" oder das Lupin-Thema. Das ist ein wahrer Ohrenschmaus.
Was bleibt ist eine der besten Potterverfilmungen aller Zeiten und ein wunderschöner, aber auch düsterer Film über Schuld und Sühne.
9,5/10 Dementoren