Die Frau in Schwarz


 
Nach dem Tod seiner Frau bekommt der in Trauer versunkene, junge Anwalt Arthur Kipps (Daniel Radcliffe) von seinem Kanzleichef eine letzte Chance sich zu fangen. Er soll den Hausrat und das Testament einer jünst verstorbenen Witwe in der südenglischen Provinz schichten. Kaum dort angekommen schlägt ihm nicht nur das Misstrauen der Dorfbewohner entgegen, sondern es häufen sich in seiner Nähe auch Zwischenfälle in denen die Kinder des Dorfes auf grausame Art sterben.

Nach jahrzehntelanger Abstinenz in Hollywood, finanziellen Problemen und einem Abrutschen in das B-Movie-Genre melden sich die legendären HAMMER Studios, deren Horrorklassiker schon Größen wie Tim Burton maßgeblich beeinflussten, nun endlich mit voller Kraft zurück.

Wer bei "Horror" an Slasher und Gorestreifen a la SAW denkt sollte dem Film fernbleiben. Denn wo HAMMER draufsteht ist auch HAMMER drin! Mit anderen Worten; der Film belebt ein Genre des Horrorfilms wieder, dass in der Torture-Porn-Welle des letzten Jahrzehnts völlig verloren gegangen zu sein schien; den schwarzromantischen Gothic-Schocker.

Denn eines kann ich hier schon vorab versprechen: Edgar Allen Poe hätte sicher seine wahre Freude an dem Film gehabt!

Der Film feiert dabei eine Art des Filmemachens wie es heutzutage in Hollywood und erst recht im Horrorgenre kaum noch vorkommt. Lange, ruhige Kameraeinstellungen, wenig Musik und eine Regie die stets mit den Gespenstern im Kopf des Zuschauers spielt. Ein ganz großes Lob geht hierbei an Komponist Marco Beltrami, der mit seinem leisen, hintergründigem Score beweißt, dass die guten Musiker in Hollywood wohl doch noch nicht ausgestorben sind.

Wirklich lebendig wird der Film jedoch erst durch seine beiden herausragenden Hauptdarsteller: Daniel Radcliffe und die gespenstische Kullisse des südenglischen Moors.

Sicher, die meisten werden Dan Radcliffe wohl nur aus den "Harry Potter"-Filmen kennen, auch wenn der schon lange vor Ende der Potter-Saga in Filmen wie "My Boy Jack" oder "December Boys" bewiesen hat, dass er enormes Potential und Ausstrahlung besitzt. Viele haben Radcliffe nicht zugetraut, dass er einen Film vollkommen allein tragen kann. Zu unrecht, möchte ich behaupten.
In "The Woman in Black" liefert er eine One-Man-Show aller erster Sahne ab und schafft, was all seine Kritiker nie von ihm gedacht hätten. Er trägt den Film zielsicher mit seiner mehr als nur überzeugenden Performence und schafft es selbst neben britischen Darstellergrößen wie Roger Allem stets die Oberhand zu behalten.

Großartig. Allen vorran für Leute wie mich, die sich während ihrer Potterzeit immer den Mund fusslig geredet haben, weil sie Kritiker von Radcliffes Potential außerhalb von "Harry Potter" überzeugen wollten. Tja, er ist eben kein Robert Pattinson. Gott sei dank.

Der zweite große Darsteller des Films ist vor allem dem grandiosem, detailverliebten Production Design zu verdanken. Nicht nur, dass der Film es schafft die 1910er Jahre hier wesentlich lebendiger und glaubhafter darzustellen als etwa ein millionschweres Blockbusterprojekt wie der aktuelle "Sherlock Holmes", nein, er schafft es auch allein durch die Sets eine enorme Atmosphäre aufzubauen, die man so nur selten in einem Horrorfilm zu Gesicht bekommt.

All das zusammengenommen bildet einen wunderbaren, klassischen Schocker, den sich kein wahrer Horrorfan entgehen lassen sollte. Ich hege sogar die geheime Hoffnung, dass "The Woman in Black" vielleicht kein Einzelfall bleibt und nach einem Jahrzehnt des sinnlosen Schlachtens den wahren Wert des Horrors als Genre zurück auf die Leinwand bringen könnte.

Auf jeden Fall ganz großes Kino!

10/10 Frauen in Schwarz