"WATCHMEN" von Alan Moore


 
"Who watches the Watchmen?"

Ein Satz der Geschichte schrieb. In seiner Bedeutung für die heutige Popkultur ist er in etwa Vergleichbar mit Tolkiens Ring-Gedicht auf dem Vorsatz des "Herrn der Ringe" oder den Monologen von Tyler Durden in Chuck Palaniuks "Fight Club".


1987 veröffentlichten Alan Moore und Dave Gibbons eines der einflussreichsten Comicbücher des 21. Jahrhunderts, der Moore nach modernen Klassikern wie "V for Vendetta" endgültig auf den Olymph der Comicautoren hob, die sogar in der bürgerlichen Gesellschaft Einzug erhielten. Mit seinem Epos schaffte Moore also, was nur wenige Comicautoren in der Geschichte geschafft hatten. Er wurde zu einer lebenden Legende.


Und das obwohl "Watchmen" alles andere als ein einfaches Buch ist. Es spielt in einem alternativen 20. Jahrhundert in dem als Superhelden verkleidete Viliganten Verbrechen bekämpfen, die zudem allesamt finstere Parodien bekannter Comichelden wie Batman (Nite Owl), Captain America (Comedian) oder Wonder Women (Silk Spectre) sind. Dreh und Angelpunkt des Ganzen ist dabei der Tod des sogenannten Comedian und die Bedrohung der Welt durch einen Nuklearkrieg zwischen den USA und Russland. Dazwischen spielen sich auf über 500 Seiten kleine und große Tragodien der einzelnen Charaktere ab, die schließlich mehr oder weniger zum Ende des Kalten Krieges führen.

"Watchmen" ist ein epochales Werk. Ein Sittengemälde einer verrohten, in sich zusammenbrechenden Gesellschaft. Eine Hommage an die Superheldencomics der 30er und 40er Jahre. Eine Studie der politischen Verhältnisse während des zuweilen heißen Kalten Krieges. Philosophische Charakterstudie. Und obendrein eine ironische, pointenreiche Abrechnung mit all dem. Treu dem Motto des Comedians: "Wer zuletzt lacht ..."
Dabei wirkt die Geschichte jedoch nie überladen. Jedes Panel macht einen Sinn und verbirgt tiefere Hinweise auf das Ende der ewigen Misere der Menschheit. Dabei fast schon provozierend knallbunt gestaltet zwischen dem Dreck der Elendviertel New Yorks und dem Glanz von Stars und Sternchen. Der Watchmen-Kosmos zeigt uns eine Welt, die sich im Wahnsinn befindet und ungebremst auf ihr vermeintliches Ende zurast. Mit einem Ende, dass einem ultiliatristisch vorkommen mag und weit weg von einem echten Happy End ist.


"Watchmen" genießt deshalb viele Fans, aber ebenso viele Leute, die das Buch abgrundtief verabscheuen. Dem geneigten Mainstreamleser mag es an vielen Stellen zu brutal sein, zu schräg und zu verworren. Ich persönlich mag Alan Moores Stil, der sich selbst mit dem Comic nicht nur ein Denkmal setzte, sondern seine üblichen Stilblüten noch auf die absolute Spitze trieb. Komplett übertrieben, zuweilen am Rande des Trashs entlangspaziert und dennoch voller feinsinner Kommentare zum Kalten Krieg und der finsteren Natur des Menschen ist.

Zweifelsohne ein Meisterwerk, wenn auch ein streitbares.


10/10 Smilies