"Before Watchmen - RORSCHACH" von Brian Azzerello



Als großer Fan der Figur Rorschach aus Alan Moores Kultcomic "Watchmen" von 1987 waren meine Erwartungen an die "Before Watchmen"-Miniserie enorm, ganz besonders natürlich an die Kurzgeschichte "Verdammte Stadt", die dank Pannini hierzulande in einem Band erscheint.


Zugegeben, ich habe zu viel erwartet, denn den Namen "Watchmen" verbinde ich, wie viele andere Fans auch, mit einem philosophischen Sittengemälde der Ära des Kalten Krieges, mit vielschichtigen Charakteren und ironischen Pointen. "Rorschach" orientiert sich dabei im nicht nur im Look auffällig an Zack Snyders Verfilmung von 2009. Ich vergöttere Film wie Comic. Beide waren stilprägend und gelten nicht umsonst als absoluter Kult. Die Kurzgeschichte um Walther Kovacs alias Rorschach bietet jedoch keine neuen Facetten im Watchmen-Kosmos. Im Grunde tut Rorschach, was er immer tut. Er ist ein emotional verstümmelter Soziopath, der mit kompromissloser Brutalität und einem sehr ausgeprägten Unrechtsbewusstsein in der Unterwelt hofieren geht um ein paar Schädel zu spalten. Das ließt sich im Comic sehr unterhaltsam und bietet viel altbekannte Atmosphäre, aber letzendlich ist es "nur" eine typische Rächer-Geschichte. Vergleichbar mit dem Plot um das entführte Mädchen aus "Watchmen", trägt aber wesentlich weniger zur Entwicklung der Figur bei. Auch wenn die Idee Rorschach mit dem anderen Geschlecht anbandeln zu lassen - und das folgende Scheitern - den Menschen Kovacs hinter der Maske etwas greifbarer macht.

Insgesamt bietet "Rorschach" eine unterhaltsame Episode, die allerdings nichts wirklich Neues beiträgt, was sicher auch daran liegen mag, dass fast alle relevanten Daten aus Rorschachs Biografie schon in "Watchmen" ausführlich behandelt wurden und so nur Platz für eine kleine Momentaufnahme blieb - ähnlich dem Kurzgeschichtenband "1910" für Alan Moores "Liga der außergewöhnlichen Gentalmen". Einen neuen "Watchmen" sollte man also nicht erwarten. Für Fans großer Bilder und der Figur Rorschach dennoch empfehlenswert.


7,5/10 Barden