HASS - La Haine




In irgendeinem Sozialbauviertel in irgendeiner Vorstadt von Paris: Nachdem ein junger Moslem von Polizisten totgeprügelt wird brechen Krawalle in den Vorstädten aus. Das Ziel? Polizisten.

Am Tag danach machen sich die Straßenjungs Said, Vincent und Hubert zur Schadensbesichtigung auf. Ebenso wie Polizei und Bürgermeister. Und so kommt es wie es kommen muss ...


Ich habe wirklich lange über diesen Film nachgedacht.

"HASS" von Mathieu Kassovitz ("Die purpurnen Flüsse") ist kein leicht verdaulicher Film. Jahre vor den schweren Krawallen in ganz Frankreich zeigte er eine Gesellschaft am Rande der Selbstvernichtung. In intensiven Schwarz-Weiß-Bildern und mit dem damals noch jungen Vincent Cassel ("HASS" wurde für ihn zum Karrieresprungbrett)

Der Film schildert wie die geächtete Vorstadtjugend versucht mit ihrer hoffnungslosen Situation fertig zu werden - anhand des Tages nach den Krawallen. Während sich Vincent in den Hass flüchtet und davon träumt endlich mal einen Bullen umzulegen, will Said nur "mal ordentlich vögeln" und Hubert "endlich aus diesem Loch abhauen".
Was folgt ist eine Odysee durch die Vorstädte Paris', geprägt von Armut, Gewalt und Rassismus durch die Polizei, die schließlich in einer Katastrophe für alle Beteiligten endet. Immer und immer wieder. Die Straßenjungs und ihre Welt befinden sich im freien Fall. Was zählt ist der Augenblick. Nachdenken führt nur zu noch mehr Elend.
Dabei wird immer wieder deutlich wie blind vor Hass sich Vorstädter und pariser Bürgertum gegenüberstehen. Die angesprochene Katastrophe am Ende; nur eine weitere Stufe nie enden wollender Gewalt.

"HASS" ist gewiss kein Film, der unterhalten soll. Er will wachrütteln. Aufzeigen. Den stets verurteilten Krawallmachern ein Gesicht geben. Ein Gesicht in dem das Bürgertum nicht lesen kann, weil es nicht will. Der Konflikt des Filmes, ein Konflikt, der in allen größeren Städten zu finden ist. Egal ob Frankreich oder hier. Eine wohl genährte Bürgergesellschaft will sich nicht stören lassen von dem selbst produzierten Elend all derjenigen, die es selbst als Abschaum bezeichnet - solange bis der Hass aufeinander wieder hervorbricht.

Inszenatorisch trägt der Film alle Merkmale, die spätere Filme Kassovitz' (allen vorran seinen Kultkrimi "Die purpurnen Flüsse") auszeichneten. Bilder, die sich ins Gedächtnis einbrennen, insbesondere da das Schwarz-Weiß, die ohnehin trostlose Situation der Kids noch zusätzlich verstärkt. Dazu ein subtiler, doch sich ins Ohr brennender Soundtrack und authentische Dialoge, der Art wie sie von der Straße selbst stammen könnten. Zu verdanken ist das auch Vincent Cassel, der seinen vom Hass zerfressenen Namenvetter im Film großartig spielt. Das gilt auch für alle anderen Schauspieler. Man hat nie den Eindruck, dass es sich um Darsteller handelt. Auch, weil die drei Hauptdarsteller keine fiktiven Charaktere in eigentlichen Sinne spielen, sondern ihre richtigen Vornahmen im Film verwenden.

Ein nachdenklicher, schwieriger Film über ein schwieriges, tabuisiertes Thema.

10/10 abgebrannten Turnhallen