Rune



Dass mit nordischen Göttern nicht gut Kirchen essen ist musste schon so mancher Spieleheld feststellen. Zuletzt sogar Lara Croft in "Tomb Raider - Underworld", die sich mit der Midgardschlange persönlich anlegte. Bei den alten Wikinger sah es nicht besser aus, wenn Loki mal wieder meinte seinen Göttervater Odin eins auswischen zu müssen. Und entgegen der hüpfenden Archäologin hat Jüngling Ragnar aus "Rune" noch nicht einmal eine göttliche Waffe a la Thors Hammer auf seiner Seite, wenn er sich auf geheiß von Odin selbst - der ihm dem sicheren Tod entriss - aufmacht Loki zu zeigen wo wortwörtlich der Hammer hängt.
Doch bevor es soweit ist muss sich Ragner durch die mythische Unterwelt Ungard hoch ans Tageslicht kämpfen, denn der Göttervater war nicht gerade gnädig als ihn rettete und hat ihn mehr oder weniger direkt vor der Haustür der verschlagenen Göttin Hel im Reich der Toten abgesetzt. Da hilft es also nichts und so muss Ragnar sein Schwert wetzen, sich das Schild schnappen, den gehörnten Helm zurecht rücken und erstmal das nordische Mythenreich aufmischen - und fängt sich dabei mehr oder weniger viel Missgunst der Götter ein.


Wie man sicherlich schon vermuten darf ist "Rune" kein Spiel der großen Worte, sondern eher eines der großen Schwerter, Äxte und Hämmer. Und dabei garantiert nichts für zartbesaitete Gemüter, denn wo Wikinger drauf steht ist auch Wikinger drin und im großen und ganzen bedeudet das nicht nur effektvolle Kloppereien, sondern ebensoviel rumfliegende körperteile und übertrieben spritzende Blutfontänen. Die ganz klar comichaft übertriebene Gewaltdarstellung des Spiels passt da wie die Faust - oder doch eher das Schwert? - aufs Auge. Denn die Geschichte um göttliche Zwiste und die Verhinderung von Ragnarök ist nicht minder comichaft übertrieben. Das merkt man spätestens wenn Ragnar in Lokis Blut badet und sich so in einen 3-Meter-Superwikinger verwandelt.
Dass sich hier nicht mit solch Firlefanz wie durchdachten Rätseln aufgehalten wird liegt sozusagen nahe. Das Leveldesing ist schlauchig-geradlinig un ddie einzige denkaufgabe liegt meist darin herauszufinden mit welchen Schalter man gerade welche Tür geöffnet hat. Aber gut, ein echter Wikinger hält sich mit sowas ja auch nicht auf.
Was das Spiel so gradios macht sind die tollen Kämpfe und vor allem das wie ich finde bis heute unerreichte Mythenflair der Nordmänner. Die Schauplätze sind stimmig und toll designt - im Rahmen der damals möglichen Technik (Unreal 1 Engine) - und der düstere Soundtrack tut sein übriges. Auch cool sind die abgefahrenen Ideen der Unterwelt. So wird Ragner von den Fontänen unterirdischer Gaysire in die Luft geschleudert um höher gelegne Bereiche zu erreichen oder springt im Reich der Golblins via aufgespannter Felle über Schluchten. konservativer wird das Leveldesign erst wieder in der von den Dunklen Wikingern besetzten Thorstadt und in den technisierten Stollen der Nibellungenzwerge an deren Ende ein überpowerter Zwergenfürst wartet, der Göttervater Odin mehr als nur ein Dorn im Auge ist.

Klar, wer mittelalterliche Prügelleien mit Tiefe haben möchte sollte lieber zum damaligen "Rune"-Konkurrenten "Severance" greifen, dessen Fixierung klar auf taktischer Tiefe lag. Wer hingegen in der zugegeben spielerischen "Untiefe" von "Rune" kein Problem sieht und nur einige Stunden lang ein richtig cooles Hack-&-Slay-Abenteuer im nordischen Mythenreich erleben will, der ist hier goldrichtig.

8/10 richtig großen Schwertern