Pan's Labyrinth




Nordspanien, 1944: Der kaltherzige Hauptmann Vidal (Sergi López) bekämpft in den Bergen den Widerstand. Währendessen kommen dessen hochschwangere Frau Carmen (Ariadna Gil) und seine ungeliebte Stieftochter Ophelia (Ivana Baquero) in einem alten Herrenhaus, welches gleichzeitig als Hauptquartier für Vidal und seine Männer dient, unter. Dort wird Ophelia eines Nachts von einer Fee besucht, die sie in ein altes Labyrinth führt, in welchem ein Pan (doug Jones) lebt. Der Pan offenbart Ophelia, dass sie die verschollene Prinzessin der Unterwelt ist, doch bevor sie in ihr Reich zurückkehren kann muss sie drei Prüfungen ablegen, um ihren Wert zu beweisen und sich ihren schlimmsten Ängsten zu stellen.

Die Weltpresse staunte nicht schlecht als ausgerechnet Monsterkönig Guillermo Del Toro ("The Devil's Backbone", "HellBoy") dieses metaphorische Meisterwerk auf die Leinwand bannte. Denn "Pan's Labyrinth" ist beileibe nicht das Kindermärchen nach dem es zunächst klingen mag. Das liegt nicht nur an der zeigefreudigen Gewaltdarstellung, denn auch an der psychologischen und interpretativen Tiefe, die der Film hat. So orientiert sich der Film zwar an klassischen Märchen ist jedoch zu keiner Zeit ein reiner Fantasyfilm, sondern viel eher ein Kriegsfilm mit phantastischen Elementen, die immer auf mehrdeutige Weise zu Tage treten. Das merkt man besonders in Ophelias Prüfungen. So muss sie in der 2. Prüfung einem Menscherfresser gegenübertreten, der Kinder durch ein reiches Bankett anlockt. Dabei sitzt dieser am Fuß des Tisches. An der gleichen Stelle sitzt in der realen Welt vorher während eines Banketts im Landhaus ihr herzloser Stiefvater. Und Del Toro ist ein Meister darin Dinge und Handlungen allein durch Bilder zu erklären. Obwohl ich anmerken sollte, dass die Metaphern im wahrsten Sinne des Wortes monströs ausfallen und man sie eventuell nicht gleich beim ersten Mal versteht oder gar sieht. Mehrmals gucken lohnt sich also!

Ebenso weiß Del Toro auch hier heftig zu schockieren: Die Gewaltsequenzen sind selbst für eine FSK16 teils schon grenzwertig hart, wenn Vidal Partisanen foltert oder einem verdächtigen Bauern mit einer Weinflasche den Schädel zertrümmert. Doch auch die phantastische Ebene ist voller Grausamkeit, die beim Zuschauer immer wieder für aufgestellte Nackenhaare sorgt. Etwa wenn Ophelia vor dem Menschenfresser flieht oder das verzauberte Buch des Pans durch blutige Seiten den Tod von Ophelias Mutter ankündigt. Und dennoch ist "Pan's Labyrinth" in seinen Grundfesten ein Märchen, weshalb die im ersten Augenblick voyoristisch und unnötig anmutende Gewalt immer einen tieferen Zweck verfolgt. Auch das Ende ist aus diesem Gesichtspunkt betrachtet zwar zunächst herzlos, aber von großer Menschlichkeit. So ist den gesamten Film über nicht klar, ob Ophelias Welt real ist oder nicht - in beide Richtungen gibt Del Toro nämlich mehr als genug Hinweise, legt sich in seiner Interpretation jedoch nicht endgültig fest.

"Pan's Labyrinth" hat seine 3 Oscars also nicht unverdient bekommen. Großes Lob muss es dabei auch an den Cast geben. Die Darsteller spielen durchweg klasse. Besonders Ivana Baquero spielt für ihr Alter einfach unglaublich. Ebenso eingebrannt hat sich bei mir Sergi López' Darstellung Vidals. Er ist noch furchteinflößender als Ralph Fiennes in "Schindlers Liste"!
Doug Jones, der hier neben dem Pan noch den Menschenfresser miemt ist in der Rolle der Monster auch wieder sehr intensiv. Gerade seine fast schon kranke Spielweise beim Menschenfresser ist grandios und der Hauptgrund dafür warum die Kreaturen überhaupt so furchteinflößend sind. Das Productiondesign und die tolle Maske, die man dem Mann verpasst hat, scheint da fast schon von selbst zu verschwinden. 

Das Design steht hier noch unter einem ganz besonderen Stern: Nicht nur, weil "Pan's Labyrinth" DER Film war, bei dem sich Del Toro designtechnisch besonders entwickelt hat (der Designstil wird z.T. in späteren Filmen von ihm, wie "HellBoy II - The Golden Army", fortgesetzt und weiterentwickelt), sondern weil es absolut prägnant für den Film ist und ihn vollkommen einnimmt.
Dies gilt vor allem für Del Toros kranke, aber zugleich auf wundersame Weise schöne Kreaturen.

10/10 Hüter der Unterwelt