"Eragon - Der Auftrag der Ältesten" von Christoph Paolini



Eragon wird dazu auserkoren dem Ältestenrat der Varden eine wichtige Botschaft zu übermitteln und sich zu einem wahren Drachenreiter ausbilden zu lassen.

Was heißt hier knappe Inhaltsangabe? Ich kann auch nichts dafür, dass in Teil 2 absolut nichts passiert!

Ehrlich gesagt; habe ich mich schon irgendwie auf Teil 2 gefreut, weil das "Vermächnis der Drachenreiter" in sich ganz nett war, aber emenses Potential bot. Ach je ... und was dann aus diesem Potential geworden ist ... Doch lest es selbst!

Der 2. "Eragon"-Band wurde von mir eifrigst gelesen, doch schon auf den ersten Seiten fiel mir Paolinis Stil negativ ins Auge - womöglich auch gerade deshalb, weil ich kurz vorher Sergej Lukianenkos "Wächter des Tages" ausgelesen hatte und von Lukianenko zu Paolini zu wechseln ist schon ein herber Absturz.
Aber ich bin kein Geiermeier und kann über stilistische Mängel durchaus hinwegsehen, insofern mich das Buch auch unterhält. Und genau hier hatte Paolinis zweites Werk extreme Probleme. Er versuchte seinen Charakteren Tiefe zu verleihen und scheiterte m.M.n. ziemlich stark. Zwar hat "Auftrag der Ältesten" hier und da durchaus seine Momente - z.b. finde ich die Kapitel darüber wie die Bewohner Carvahalls zu Partisanen werden sehr spannend und gelungen -, aber die Stellen in denen mich das Buch einfach nur gelangweilt oder gar genervt hat überwiegen leider. Und da will ich gar nicht erst von den wieder mal zahlreichen "Star Wars"-Paralellen anfangen. Von ausrangierten Drachenreitern, denen ich gern den Namen "Yoda" gegeben hätte oder von einem ach so überraschenden neuen Bösewicht (der mich persönlich nicht im geringsten überraschte), den ich gern in "Darth Vader" umbenannt hätte - und der sich wahrscheinlich in Buch 3 oder 4 eh zum Guten bekennt. Ganz zu schweigen von der Zwillingsbruder-Geschichte - ich kann über vieles hinwegsehen, aber bei so öffensichtlicher Klauerei raufe selbst ich mir die zahlreichen Haare.

Doch das Schlimmste war nicht das "beinah-Plagiat" Paolinis, sondern wie er Eragons Lehre beschrieb. Das wird über hunderte Seiten so dermaßen langwierig ausgedehnt, dass ich das Buch wohl schon längst weggelegt hätte, wenn meine Pausen auf Arbeit nicht immer so furchtbar langweilig wären. Da benimmt sich Eragon ständig kindisch, rennt der zickigen Elfe hinterher und lässt sich dann noch von einer Drachendame belehren, die ohnehin viel jünger ist als er. Zudem fühlte ich mich hier gern mal wie in einem Rollenspiel - was auf Paolinis größte Schwäche nach dem Stil zurückzuführen ist; seinem scheinbarem Unvermögen gute, glaubwürdige Dialoge zu schreiben. Das Buch hat einfach viel zu viele dieser klischeebeladenen Fantasydialoge a la "Nun denn, großer Held, so finde den Ork und bringe ihn zur strecke!" Ja, und dafür gibts dann 1000 Erfahrungspunkte inkl. das Schwert der Vernichtung +2!!! Ganz schlimm fand ich den Dialog von der Anführerin der Varden als sie ihre Männer für den Kampf ermutigt. Spätestens als sie ruft ".... Zum Angriff!" musste ich in mich hineinkischern. Das klang so gestellt, dass ich mich schon fragte, ob irgendein deutscher TV-Produzent die Finger im Spiel hatte. 

Und dann kommt es zu einer relativ unlogischen bzw. unglaubwürdig dargestellten Charakterentwicklung Eragons. Vom sonst so kindischen Knaben mutiert er innerhalb von grad mal 2-3 Kapiteln zum Gandhi Aalgäsias. Plötzlich weiß er alles, kann er fast alles und ist ach so weise und ist der perfekte Anführer. Schwerer Gary-Stue-Verdacht im Drachenreiter-Universum! Paolini, so sehr nach charakterlicher Tiefe bemüht, schafft nur ein plattes Abbild der Klischees des klassichen Fantasygenres - was bei mir nur gähnende Langeweile auslöste.
Und weil wir ja die ganze Zeit bei Charakteren sind: Wo sind all diese liebenswerten Figuren aus Teil 1 hin? Okay, mein Favorit Brom hat schon in Teil 1 das zeitliche gesegnet, aber was ist mit den anderen? Ajihad? Stirbt im 2. Kapitel. Orik? Kommt kaum vor. Murthag? Ausgerechnet Murthag, der im ersten Band einen interessanten Charakter versprach wurde zu einem platten, aber immerhin noch gequälten Bösewicht. Es scheint beinah, als seien alle interessanten Ansätze aus Band 1 von der öden Fantasy-Routine verschluckt worden. Die Charaktere sind zu bloßen Abziehbildchen viel größerer, literatischer Vorbilder verkommen. Das ist sehr schade und eines der größten Probleme, die ich mit dem Buch habe.

Was die Botschaft des Buches betrifft: Sie hat durchaus interessante Ansätze, versinkt dann aber wieder im "strahlende Retter"-Klischee.

So kann sich Paolinis 2. "Eragon"-Band gerade an die Grenze zum unteren Durchschnitt retten.

4,5/10 verschenkter Potentiale