Die weibliche Sicht auf den Porno



Der Porno ist ein Genre bei dem es vielen schwer fällt zu ihm zu stehen - oder eben auch nicht. Noch immer hat er den Geruch des schmuddligen Hinterhofsexfilms, obwohl mittlerweile viele Filme auch professionell produziert werden. 

Pornoportale wie Youporn oder Pornhub zählen Millionen von Nutzern. Die Sexindustrie zählt zu den wachstumsstärksten Branchen überhaupt. Und fast jeder hatte schon Kontakt. Über pixlige Amateufilme, Schmuddelhefte oder professionellere Filme, die nicht einfach nur dumpf draufhalten.

Was oft fehlt ist die weibliche Perspektive. Der Porno ist immer noch ein überwiegend patriachales Genre. Als Frau zu sagen, dass man (gerne) Pornos schaut sorgt immer wieder für Irritierung. Für alternde Emanzen ist es wie Landesverrat und für die männlcihe Stammkundschaft als würde man sich in Sachen einmischen, die einen nichts angehen. 

Dabei gibt es mittlerweile viel Bewegung in Form des "Female Friendly Porn". Frauenfreundlicher Pornos, oft gedreht von Frauen.


Bevor ich näher auf diese filmische Bewegung eingehe, aber noch ein paar allgemeine Sachen zum Porno. Das Wort Pornografie hat nur in zweiter Linie etwas mit Sex zutun, sondern beschreibt vor allem die "einseitige Darstellung einer Handlung". Übersetzt heißt das so viel wie, eine Handlung wird ohne tiefer gehende Botschaft präsentiert. In unserem Falle zwei (oder mehr) Menschen beim Geschlechtsverkehr oder Petting. In der Regel konsumiert zur eigenen Luststeigerung. So weit, so gut.

Mancher beschimpft den Porno als Ausgeburt der kranken, modernen Gesellschaft, dabei konnten Archäologen Höhlenmalereien finden, die Menschen und Tiere beim Sex zeigten. Hinzu kommen Antike Schriften wie das berühmte Kamasutra. Lustgewinn und Voyerismus beschäftigen die Menschheit also schon etwas länger. Tatsächlich lässt sich derartiges sogar bei Menschenaffen feststellen, wenn Schimpansen Sex haben und die äffischen Zuschauer masturbierend daneben stehen. 

Sexfilme zu drehen ist da nur die logische Konsequenz. 

Als überwiegende Männerdomäne zeigt der klassische Porno oft Erniedrigung und Dominanzphantasien. Das die Frau als Objekt es dann mit jedem dahergelaufenen Klemptner, Sportlehrer oder Arbeitskollegen treibt gehört ebenso dazu wie vergewaltigungsähnliche Szenarien und das klassische dominante Arschloch (oh je, wie doppeldeutig), dass alles was nicht auf drei auf den Bäumen ist flachlegt und dann kalt stehen lässt sobald es mit dem "gebrauch" fertig ist.

Female Friendly Porn (FFP) setzt genau hier an. Die Szenarien sind frauenfreundlicher. Die Frauen gleichwertige Sexualpartner und nicht bloße Objekte. Die klassischen Pornohandlungen sind meist wesentlich einvernehmlicher und der Mann nicht der dominante, aktive Part. Ebenso ist körperliche Gewalt gegen den Partner nicht an der Tagesordnung. Das heißt jedoch nicht, dass die Filme weniger schlüpfrig sind. 

Was sofort auffällt ist, dass die Regiseurinnen und Performer die Sexszenen wesentlich stärker auf das körperliche Wohlbefinden ausrichten. Gezeigt wird Sex mit dem besten Freund, dem Ehemann, beim Date oder klassisch mit dem Sportlehrer, der hinterher aber die Frau nicht stehen lässt. 

Egal ob Porno oder "richtiger Film" (Gibt es auch unrichtige Filme?), oft sind Sexszenen einfach nur schrecklich in Szene gesetzt. Gerade auch in "Zielgruppenfilmen" wie "James Bond" setzt dann oft nur noch das Fremdschämen ein. Im Porno fällt das noch drastischer auf, weil die filmischen Mittel aufgrund der billigen Produktion wesentlich beschränkter sind und auf der anderen Seite auch gar kein Wille zum künstlerichen Anspruch besteht. Beim FFP ist das etwas anderes. Die Filme versuchen das Gezeigte durchaus hochwertiger und anspruchsvoller darzustellen und nicht nur einfach auf Geschlechtsteile draufzuhalten, weil man das eben so macht. 

Mittlerweile gibt es eigene Marken und Produzenten dieser Art des Pornos, denn auch Frauen sind ein Markt für die Sexindustrie.Wenn man vom kapitalistischen Wert absieht ist FFP auch interessant, um zu analysieren wie sich handwerklich die Pornos von Männern und Frauen unterscheiden. Ich habe mir im Selbstversuch zig Stunden Material auf YouPorn und Konsorten reingezogen - denn man kann ja schlecht über etwas schreiben
, dass man nicht gesehen hat - und der offensichtlichste Unterschied ist wie bereits erwähnt die herangehensweise. Der Sex selbst ist auch oft leidenschaftlicher und sensibler. Kein bloßes durchrammeln als wäre man beim Sport und müsste versuchen irgendeinen Rekord zu brechen. Viele männliche Pornos haben den Makel sich irgendeine Form der Dominanz beweißen zu müssen. Meinereiner fühlt sich dann schnell wie im Tierfilm. Fehlt oft nur noch die Stimme aus dem Off: "Und hier sehen Sie das Männchen und das Weibchen des Homo Sapiens beim Geschlechtsakt." 

Vermutlich wirkt es nicht nur auf mich abturnend sich als Akteur einer Zoosendung zu fühlen. ;)

Ich stehe dem FFP daher durchaus positiv gegenüber in einer Medienwelt in der weibliche Sexualität so fremdartig wahrgenommen wird wie Außerirdische auf einem Volksfest. Das diese weibliche Perspektive nun ausgerechnet von einem Subgenre des Pornos ausgeht mag da zunächst seltsam erscheinen. Ist es jedoch nicht, wenn man bedenkt wie lange es zuweilen dauert bin Sachen aus dem Underground im Mainstream landen. Und gerade das Thema Sexualität ist mit Ausnahme einiger Indy-Streifen immer noch vor allem männlich dominiert. Das Sex mehr ist als das bloße herumreiten (höhö, Wortspiel) auf einem zum Objekt degradierten Partner, der in der Mehrzahl der Fälle irgendeiner Schwäche erlegen ist - körperlicher oder psychischer Natur - ist oft ein Fremdobjekt. In etwa so wie wenn Siegmund Freud als Mann die weibliche Sexualität erklärt und man sich als Frau beim Lesen dieses Schmarrns auch noch an den Kornflakes verschluckt. Und das nicht nur weil "weibisches Lachen" und "weibliche Orgasmen" offenbar Symptome einer ernstzunehmenden psychischen Erkrankung sind.