Blood and Disgusting - Themen im Slasher- und Splatterfilm



In diesem Beitrag möchte ich mich mal näher mit den Hintergründen von Slasher- und Splatterfilmen beschäftigen. Denn auch, wenn die große Vielzahl der Genrefilme es verdient hat in ewige Vergessenheit zu geraten, so sind die Themen stets durchdacht - selbst wenn es die Inszenierung oft eher nicht ist. 

John Carpenter sagte einmal zu seinem Film "Halloween", dass ihn der Zeitgeist der 80er entsetzt hätte. Überall nur perfekte Menschen im Fitnesswahn und dem Geld hinterher rennend. Er sagte er hätte Mike Meyers damals den Terror in die Vorstädte tragen lassen, weil er diese kleinen, perfekten Leben zerstören wollte. Das Grauen wartete vor der Tür der heilen Welt der amerikanischen Mittelstandes. 

"Halloween" leitete die Slasher-Ära ein und sorgte für eine wahre Slasher-Hysterie. In den späten 70ern und frühen 80ern schossen die Splatterfilme wie Pilze aus dem Boden, was nicht zuletzt mit dem imensen, finanziellen Erfolg zutun hatte, den dieser auf die Leinwand gebannte Terror nach sich zog.


Böse gesprochen sind Slasher (die "Schlitzer") nichts anderes als das systematische Abschlachten von meist recht unsympathischen und charakterlosen Mittelschichtsteenies. Der eigentliche Akteur im Slasher sind die Killer. Die eigentliche Handlung der Filme ist oft banal und nichtig. Eine Gruppe von Teenies verschlägt es in eine abgelegene Gegend, wo alle mehr oder minder dumm um ihr Leben rennen. In Slashern wird "klar Schiff gemacht" mit der konsumsüchtigen Mitte der Gesellschaft.

Im Folgenden werde ich ein paar thematische Besonderheiten herasstellen. 


Jason Voheers - Freitag, der 13te

Jason ist ein geistig behinderter, extrem entstellter "Waldbewohner", der Jagd auf alle Eindringlinge in seinem Revier macht. Jason selbst ist bei einem Badeunfall im Feriencamp Chrystall Lake fast ums Leben gekommen, weil die Ehrzieher lieber miteinanter Sex hatten als auf ihre Schützlinge zu achten. Angestachelt von seiner durch den Kummer verrückt gewordene Mutter meuchelt er nun jeden, der sich dem verlassenen Camp nährt in dem er - je nach Darstellung - auch lebt. (In der Originalserie war es eine verwaiste Hütte, im Remake lebte er in den Wartungstunnels des Camps)
Das überwiegende Thema der Reihe ist wie betrunkene, sexsüchtige Teenies ohne jedes Verantwortungsbewusstsein Jason ins Messer (oder die Machete) laufen. Dabei geht es in erster Linie immer auch darum wie unsere Gesellschaft miteinander umgeht und die Schwachen ignoriert bis sie zu etwas monströsen werden. 
Jason überlebt daher auch nahezu alles und besitzt fast übermenschliche Kräfte, wenn er Teenager teilweise herumwirft wie ein Berserker. Unmenschlich wütet er und zerstört all die kleinen Nichtigkeiten, die den amerikanischen Mittelstand offenbar wichtig sind: Autos, Status, Bier, Sex. 


Mike Meyers - Halloween

Im direkten Vergleich mit Genrekollegen ist die Besonderheit hier, dass der Mittelstand nicht zu den Killern kommt, weil z.b. Stadtmenschen sich im Hinterland verlaufen haben, sondern hier kommt der Terror zu ihnen. 

In der Nacht von Halloween kommt Mike Meyers, um in der kleinen, perfekten Welt Angst und Schrecken zu verbreiten. Anders als z.b. in den "Freitag"-Filmen ist der Killer hier keinem Verbrechen zum Opfer gefallen, sondern wird als das pure Böse charakterisiert. Der pure, fiese Psychopath, der schon als Kind gern mit Messern spielte. 
Im wesentlichen konzentriert sich hier die Zustandskritik darauf das zu terrorisieren, was allgemeinhin als geschützt gilt: die perfekten, kleinen Vorstädte im Kolonialstil mit ihren perfekten, kleinen Vorgärten, wo perfekte Hausfrauen perfekten Truthahn backen und perfekte Coole-Schuljungs perfekt Football spielen. 


Die Mutanten - The Hills Have Eyes

Eine Gruppe von Mittelstandsurlaubern fahren quer durch die Wüste von New Mexico, wo sie schließlich durch eine Autopanne liegen bleiben und einer Clique von Menschenfressern in die Hände fallen, die von der Strahlung im Atombombentestgebiet entstellt wurde. 

Das besondere an The Hills Have Eyes ist, dass hier direkte Stellung zu den Atombombentests bezogen wird, da die Mutanten hier nicht nur den überheblichen Mittelstand killen, der von den Auswirkungen nichts wissen will, sondern selbst aufgrund der Strahlung ein Produkt von ihm sind. 


Freddy Kruger - Nightmare on Elm Street 

Die wohl interessanteste Figur in unserer geselligen Runde: Freddy Kruger, ein zu unrecht von einem Lynchmob Verbrannter, der die Kinder der Täter in ihren Träumen heimsucht und sie dort tötet. 

Damit auch zugleich einer der psychologischeren Splatter-Plots, da hier nicht nur in die Sicherheit der Vorstädte eingedrungen wird, sondern auch in die scheinbare Sorglosigkeit des Schlafs. Das einzige Mittel; nicht einschlafen. Wer es doch "verpennt" wird im Schlaf gemeuchelt. 

Damit ist "Nightmare on Elm Street" von Wes Craven noch einen Schritt weiter gegangen als die Kollegen in "Freitag" oder "Halloween", da hier einfach alles auf den Kopf gestellt wird, was irgendwie Schutz verspricht.



Die grundlegende Kritik des Slashergenres an der kalten und sinnentleerten Konsumgesellschaft ist das Hauptthema des ganzes Blutbades. Noch etwas weiter ging James Wan in "SAW" - ich bleibe hier bewusst bei Teil 1 und blende die schlechten Nachfolger alle mal aus -, der zwei Menschen in einen Raum sperrte, die ebenso aus der Mitte der Gesellschaft stammten und jeder etwas auf dem Kärbholz hatten. Sie sollen für ihre Taten büßen oder sterben. Es bleibt ihnen die Wahl, ob sie angekettet in einem Keller sich selbst die Füße abschneiden und den jeweils anderen töten, um frei zu kommen oder einfach ersticken. Egal wie man es dreht und wendet, der Plan des Jigsaw-Mörders John Kreamer endet in jedem Fall mit Verlusten. Ebenjener leidet an Krebs und wird bald sterben, weil ihm das Krankenhaus-System der USA am ausgestreckten Arm langsam dahinraffen lässt. So soll es auch seinen Opfern gehen. Sie sollen sich mit Schmerzen und Verlusten dem Tod entkommen oder langsam und qualvoll sterben - so wie es beim Krebs auch der Fall wäre. 

Der erste "SAW" war durchaus stilvoll und hatte nur wenig mit dem plumpen Torture-Porn seiner zahllosen Nachfolger zutun. Daher auch hier ein besonderer Platz für ihn, denn die gesellschaftskritische Komponente des Films ist durchaus vielschichtig verwoben. Zumindest vielschichtiger als in "Halloween" oder "Freitag", die lediglich auf rohe Gewalt bauen. 

Kurzum: Slasher und Splatter schaffen gern tiefe Wunden und kritisieren unsere ideenlose Gesellschaft, sind aber oft genug auch Teil dieser inhaltslosen Konsumgeilheit durch die schiere Zahl ihrer Fortsetzungen und den damit verbundenen Qualitätsmangel. Dennoch sind bestimmte Themen im Genre an sich spannend, versagen aber leider oft in ihrer Ausführung. 

Ich selbst finde viele Grundideen im Genre klasse, komme dann aber oft mit den eigentlichen Filmen ins straucheln. Gerade die "Freitag"-Reihe finde ich von der Grundidee durchaus interessant, doch dann gibt es immer zu viel Dummheit bei den Opfern, die es Jason alle viel zu leicht machen. Auch "SAW" finde ich von der grundidee her interessant, doch spätestens ab Teil 3 ist der sinnlose Gore einfach zu fordergründig und es geht nicht mehr das Wesen der Idee, sondern nur noch darum besonders perverse Fallen zu erschaffen. Ein Schicksal, was alle hier aufgeführten Reihen ereilt hat. Da macht der schnöde Mammon den an sich kritischen Grundideen sehr oft einen Strich durch die Rechnung. 

Und versteht mich nicht falsch. Ich habe nichts gegen Gore und Splatter, doch als Selbstzweck ist er einfach nur langweilig. Und das hat dann auch gar nichts mehr mit den Grundthemen zutun. Leider.